Ich bin zurück in Deutschland und damit in der Normalität.
Im heutigen Log in erfährst du wie es zu diesem Neustart gekommen ist.
Dear you,
ich habe wieder eine richtige Krankenversicherung. Und einen Montags-bis-Freitags-Job. Mittlerweile kaufe ich mein Essen wieder im Supermarkt und schlafe im eigenen Bett. Oder zumindest auf der eigenen Matratze. Was ist passiert? Das Aussteiger-Leben ist erstmal vorbei. Im heutigen Log in berichte ich dir von meinem Neustart in den letzten Wochen. Es ist wieder einiges passiert

Vorwärts im Rückwärtsgang?
Nicht nur durch Corona, sondern auch privat war 2020 für mich ziemlich aufregend und von unheimlich vielen Erfahrungen geprägt. Meine Reise nach Österreich, das Leben dort als WWOOFerin und meine Pläne ein Selbstversorgerleben zu führen, habe ich mit dir hier auf Post von Julia geteilt. Nun ist die Reise erstmal vorbei und ich bin nach Deutschland zurück gekehrt. Da ich weder Wohnung noch Job hatte, war ich erstmal auf die Hilfe meiner Eltern angewiesen. Und so begann mein Oktober dieses Jahr (mal wieder) mit einem kompletten Neustart.
Pläne für den Winter
Wie kam es dazu? Ich und Patrick wollten eigentlich auch den Winter über in Österreich bleiben. Darüber habe ich im letzten Log in geschrieben. Wir hatten auch – so dachten wir – eine tolle Bleibe für die kalte Jahreszeit gefunden. Denn natürlich ist im Winter die Auswahl ziemlich begrenzt. Die meisten Höfe suchen Helfer und Helferinnen für die Erntezeit im Sommer und Herbst. Im Winter ist einfach nicht so viel zu tun. Trotzdem haben wir Kontakte knüpfen können, die uns für den Winter absichern sollten. Wir bleiben den Winter über dort, reparieren kleinere Baustellen am Hof und dürfen dafür essen und schlafen, so war es gedacht. Allerdings war die Absprache mündlich und abseits der WWOOF Plattform getroffen worden. Das war, wie sich im Nachhinein herausstellte, ein Fehler.
Schlechte Erfahrungen
Kurzgesagt wurden wir ziemlich ausgenommen während wir die ersten Wochen in unserem Winterquartier verbrachten. Kommunikation mit der Eigentümerin war sehr schwierig. So viel Arbeit wäre zu tun, da hätte man keine Zeit mal kurz grundlegende Dinge über das Zusammenleben zu besprechen. Generell sollten wir möglichst wenig von den Vorräten essen und Lebensmittel einzukaufen käme gar nicht in Frage. Ich hatte zum Beispiel auch im Vorfeld abgeklärt, dass ich vegan lebe. Das wurde, als ich dann dort angekommen war, nicht gerne gesehen. Arbeit war dafür reichlich vorhanden. Wir beide, aber besonders Patrick, legten uns von Tag Eins an ordentlich ins Zeug. So war nach kurzer Zeit schon das Meiste was für den Winter an Arbeit geplant war erledigt. Und da wurden wir fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Zumindest ist das unsere Sichtweise auf das was vorgefallen ist.
Und dann saßen wir auf der Straße
Im September fuhren wir dann für zwei Wochen zurück nach Deutschland um unsere Wintersachen zu holen und Familien zu besuchen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir zu der Hofbesitzerin schon gesagt, dass wir uns nicht vorstellen könnten, den Winter bei ihr zu verbringen. Wir hatten sogar schon einen anderen WWOOF-Hof in der Steiermark gefunden, der uns erstmal bis Mitte Oktober aufnehmen wollte. Der Plan zu dem Zeitpunkt war also zwei Wochen in Deutschland zu verbringen, dann zum Hof zurückzukehren um unser Gepäck zu holen und in den nächsten Tagen ab zum nächsten Hof zu fahren.
Bis uns in Deutschland plötzlich die Nachricht erreichte, dass wir zum Hof nicht zurück dürften. Unser Gepäck würde die Besitzerin an einen anderen Ort in der Nähe bringen, aber auf ihrem Hof noch eine Nacht zu schlafen – das wäre ausgeschlossen. Also saßen wir quasi auf der Straße. Wir hatten keine Ahnung wie wir mit unseren Sachen zu dem neuen Hof kommen sollten und wo wir inzwischen übernachten könnten.
Man muss dazu sagen, dass die Höfe im Burgenland quasi Null an öffentliche Verkehrsnetze angeschlossen sind. Von Deutschland ins Burgenland in die Steiermark in einem Zuge – ein Ding der Unmöglichkeit. Schon die Reise von Deutschland zurück zum Hof bedeutet über 10 Stunden Fahrt mit Umstiegen vom Bus in die Bahn in die andere Bahn in den Zug usw. Jedes Mal mit vollgepackten Rucksäcken und Fahrrädern und mitunter stundenlangen Warten mitten in der Nacht an irgendwelchen Bahnhöfen. Wir wussten auch noch nicht, wie wir zu dem anderen Hof in der Steiermark gelangen sollten. Nur das diese Verbindung auch extrem schlecht wäre. Dazu die Unsicherheit durch Corona überhaupt über die Grenze zu kommen. Billig ist das Ganze auch nicht gerade, erst Recht wenn man kein Einkommen hat. Die Tickets haben wir zwar immer zu Sparpreisen gebucht, aber das bedeutet dann auch jedes Mal zwingend an die eine Verbindung gebunden zu sein.
Endstation Neustart
Ich habe dann noch während wir in Deutschland waren zu Patrick gesagt, dass ich mit WWOOF erstmal nicht weitermachen möchte. Der andere Hof wäre ja auch erstmal nur eine Lösung bis Mitte Oktober gewesen. Ich wollte diesen ganzen Stress und die Unsicherheit nicht mehr, denn auch unsere Beziehung war in der Zeit ziemlich belastet. Patrick war einverstanden, statt auf den Hof in der Steiermark zu fahren, zurück nach Deutschland zu kehren. Wir wollten den Winter nutzen, um neues Geld zu verdienen. Bei WWOOF bekommt man ja keines.
Somit war das schon mal geklärt. Aber trotzdem standen wir noch vor der Herausforderung unser Gepäck und Fahrräder wieder zurück nach Deutschland zu bekommen. Dank der Unterstützung unserer lieben Freunde vom Seminarhof (dem ersten Hof, auf dem wir fast vier Monate gewwooft haben) hat das zum Glück noch ganz gut geklappt. Die letzte Zugfahrt zurück nach Deutschland war der Abschluss einer extrem herausfordernden und schönen Zeit. Sie endete damit quasi vor dem Nichts zu stehen. Und froh zu sein alle Schäfchen (unser ganzes Hab und Gut) wieder im Stall (an Ort und Stelle) zu haben.
Das war das Ende des WWOOF-Abenteuers. Und der Neustart? Ja, wie gesagt, mittlerweile habe ich wieder einen Job. Österreich hat mich in der Hinsicht sehr geprägt. Ich arbeite bei einer großen Baumarktkette im Gartencenter. Das hätte ich mir vor Österreich nie vorstellen können. Patricks Neustart sieht ganz ähnlich aus. Er hat mittlerweile auch schon wieder eine Wohnung bzw. WG gefunden. Ich wohne vorerst noch bei meinen Eltern. Wie es weitergeht, schreibe ich dir im nächsten Log in.
Love, Julia
WEITERLESEN
Das letzte Log in: https://postvonjulia.de/burgenland-adieu-zurueck-nach-deutschland
Ein Kurztrip nach Wien: https://postvonjulia.de/vegan-essen-in-wien-und-umgebung
So begann das WWOOF Abenteuer: https://postvonjulia.de/wwoof-in-oesterreich
1 thought on “Neustart zurück in der Normalität”